Die Einführung von Beikost, ein Thema – viele Fragen

Unsere alltägliche Arbeit bringt uns, bei der Initiativ Liewensufank, in Kontakt mit frischgebackenen Eltern. Durch unsere Kurse oder Beratungen haben viele unserer Mitarbeiter ein aktuelles Bild für die Bedürfnisse und Fragen, die bei neuen (und manchmal auch bereits erfahrenen) Eltern auftauchen. Eltern, die sich zum ersten Mal mit dem Thema „Beikost“ auseinandersetzen, versuchen natürlich die besten Informationen zu erhalten.

Leider müssen wir aber feststellen, dass es viele Fehlinformationen gibt, viele Halbwahrheiten, Mythen, (falsche) Gewohnheiten in der Familie, usw.
Wir haben uns Quellen herausgesucht und geben hier einige Empfehlungen des deutschen „Bundeszentrum für Ernährung“ weiter, sowie Auszüge aus unserer neusten Broschüre „Guten Appetit“.

Damit sind wir sicher, den Babys und ihren Eltern den bestmöglichen Start mit der Beikost zu gewährleisten.

Geschmack übt sich schon früh
Das Schmecken von Lebensmitteln beginnt nicht erst mit der ersten Beikost; für viele Erwachsene das erste „richtige“ Essen ihres Kindes. Nein es beginnt schon im Mutterleib. Durch das Schlucken von Fruchtwasser, das Aromen aus dem mütterlichen Essen annimmt, erfährt das Kind schon eine ganze Palette von Geschmacksstoffen. Das gleiche gilt für das Stillen. Deshalb dient eine ausgewogene Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit nicht nur der Gesundheit der Mutter, sondern fördert und prägt den Geschmackssinn des Kindes schon frühzeitig. Formulanahrung dagegen schmeckt, da sie industriell hergestellt werden muss, immer gleich.

Stillen und Beikost gehen Hand in Hand
Ausschließliches Stillen ist nach wie vor das Beste für Ihr Baby und dies bis zum vollendeten 6. Monat. Dies bedeutet, dass dem Kind keine Formulanahrung, Säfte, Tees und Wasser gereicht werden. Muttermilch liefert alle nötigen Nährstoffe für Ihr Baby, damit sein Körper und sein Gehirn optimal wachsen können. Dieser Bedarf ist immer passend auf Ihr Kind abgestimmt. Dies kann Formula nicht leisten, da seine Zusammensetzung immer gleich ist. Stillen ist Hunger- und Durstlöscher in einem.
Ist dies nicht möglich, kann Ihr Kind beim teilweise Stillen auch von den Vorteilen der Muttermilch profitieren. Es gilt jedoch auch bei Teilstillen und ausschließlicher Formulanahrung, dass kein zusätzliches Wasser, Saft, Tee gefüttert werden sollte.

Unser Tipp
Auch wenn Sie Ihr Baby nicht an der Brust stillen können, so können Sie ihm dennoch ihre Muttermilch geben. Mit Hilfe einer Milchpumpe können Sie ihm die abgepumpte Muttermilch füttern.
Wollen Sie stillen, aber es bereitet Ihnen Schwierigkeiten, entweder durch Schmerzen oder weil Sie nicht genügend Milch haben. So zögern Sie nicht bei Fragen und Unsicherheiten die Baby Hotline anzurufen (Tel: 36 05 98). Viele Stillprobleme können durch eine bessere Anlegetechnik oder durch das Lösen von Blockaden beim Baby und durch das Beurteilen des Zungenbändchens gelöst werden.

Doch wann fängt man mit der Beikost an?
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt weltweit Babys 6 Monate ausschließlich zu stillen, und das Stillen bis zum Alter von 2 Jahren oder darüber hinaus fortzusetzen, so lange wie Mutter und Kind es wünschen. Dies sollte ein Richtwert sein.

Beikost sollte nicht vor dem Beginn des 5. Monats gefüttert werden, da die Nieren und vor allem der Darm noch nicht richtig ausgereift sind.

Dies würde das Risiko für Infektionskrankheiten steigern, problematische Gewichtszunahme mit sich bringen, sowie Allergien fördern. Richtig und wichtig ist jedoch anzumerken, dass die ideale Beikosteinführung unter dem Schutz des Stillens passiert. Diese Regel gilt für gesunde, reifgeborene Kinder. Bei kranken oder frühgeborenen Kindern, die eventuell einen anderen Nährstoffbedarf haben, ist es daher sinnvoll die Beikost mit der behandelnden Ärztin und/oder einem Ernährungswissenschaftler zu besprechen.
Doch richtet sich der ideale Zeitpunkt der Beikosteinführung ausschließlich nach dem Alter des Kindes? Hier kann man klar sagen: Nein! Babys entwickeln sich individuell und manche sind in der Tat schon mit Beginn des 5. Monats „beikostreif“, andere erst mit 7,5 Monaten. Hierbei handelt es sich vor allem um ein Zeitfenster, das sich öffnet und folgende Reifezeichen deuten auf Beikostreife hin:
1. Das Baby sitzt mit minimaler Unterstützung aufrecht und hält seinen Kopf selbst. Gerne auch auf dem Schoss der Eltern.
2. Der Zungenstossreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, ist nicht mehr vorhanden.
3. Hand-Augen-Mund-Koordination ist vorhanden. Speisen oder Löffel werden gezielt zum Mund geführt.
Es gibt noch weitere Beikostreifezeichen. Die hier genannten sind jedoch die Wichtigsten und Ausschlaggebendsten. Im Allgemeinen ist es hilfreich, wenn Ihr Baby relativ von Anfang an an den Familienmahlzeiten teilnimmt. Mahlzeiten einnehmen bedeutet rund um die Welt nicht nur reine Nahrungsaufnahme, sondern ist auch sozial und kulturell geprägt. So machen Sie Ihr Baby mit diesem alltäglichen Geschehen vertraut und merken viel bewusster wann es hungrig auf feste Nahrung ist.

Wie geht es weiter?
Auch nach der Beikosteinführung bleibt Ihr Kind im ersten Lebensjahr ein Säugling. Das heißt, dass Muttermilch oder Formulanahrung unerlässlich sind. Zum ersten Geburtstag sollte die Beikost-Milchnahrung in einem Verhältnis von 50:50 stehen.
Isst das Kind mit Beginn des 11. Monats noch keine Beikost sollte ärztlicher Rat hinzugezogen werden, um einen Nährstoffmangel, vor allem Eisenanämie, auszuschließen. Denn vor allem Eisenmangel kann wieder verminderten Appetit nach sich ziehen.

Und was ist mit vegetarischer und veganer Beikost?
Vegetarische Beikost ist ohne Probleme vertretbar solange sie, wie jede andere Ernährungsform ausgewogen ist und vor allem auf die Eisenzufuhr geachtet wird.

Bei der veganen Ernährungsform ist zu beachten:
• dass Vitamin B12 supplementiert werden muss;
• dass Pflanzendrinks kein Milchersatz sind, sondern ein Getränk und diese u.a., wegen der starken Süße oder zugefügtem Salz, auch erst nach dem 1. Lebensjahr eingeführt werden sollten. Drinks pflanzlichen Ursprungs unterscheiden sich grundlegend vom Nährstoffbedarf eines Säuglings.
Ihr Baby ist im ersten Lebensjahr ein Säugling, das Milch tierischen Ursprungs braucht, um gesund zu gedeihen. Ist Stillen nicht möglich, muss Formulanahrung gefüttert werden. Leider gibt es derzeit noch keine vegane Formula, die wir empfehlen könnten.
Es ist also durchaus möglich sein Kind vegetarisch oder vegan zu ernähren, solange man auf eine generell ausgewogene Ernährung achtet, bei veganer Ernährung auf die Supplementierung und eventuell Blutanalysen beim Arzt als Kontrolle zurückgreift. Schwierig wird es, wenn die Eltern selbst noch keine erfahrenen Vegetarier/Veganer sind und ihre Ernährung vegetarisch/vegan umstellen wollen. Hier empfiehlt es sich, eine Ernährungsberaterin hinzuzuziehen, um Mangelernährung vorzubeugen.

Doch wie starte ich am Besten?
Der Name ist Programm: es handelt sich hierbei um eine „Bei“-Kost zur Milchernährung. Muttermilch oder Formulanahrung bleiben vor allem am Anfang noch Hauptbestandteil der Ernährung des Kindes. Über die Monate hinweg wird die Beikost immer wichtiger und am Ende des ersten Lebensjahres sollte idealerweise die Hälfte der Kalorien über die Beikost zu sich genommen werden. Das initiale Ziel der Beikost ist auch die Babys an die Familienkost heranzuführen und so einen harmonischen Übergang herzustellen.

Die Einführung der Beikost verläuft etappenweise:
Manche Kinder sind total „hungrig“ auf Beikost und essen von Anfang an ordentliche Portionen, andere Kinder essen anfangs nur kleine Löffel voll. Wichtig ist es immer wieder Beikost ohne Zwang anzubieten und dies in einer abwechslungsreichen Form. So beugt man als Eltern am Besten einer Mangelernährung vor und das Kind kann sich in seinem Tempo an die Beikost gewöhnen. Anfangs kann es durchaus sein, dass das Kind nach ein paar Happen stillen oder Formula trinken möchte. Sie werden sehen, langsam aber sicher wird Ihr Kind mehr am Tisch essen. Es kann jedoch auch zu Rückschlägen kommen, gerade wenn Ihr Kind erkältet ist.
Anfangs erhält das Baby noch viele erforderlichen Nährstoffe aus der Muttermilch, beginnt aber andere Nahrungsmittel kennenzulernen, um so langsam aber sicher die Nährstoffe aus diesen Lebensmitteln zu ziehen. Diese Nahrungsmittel werden „babygerecht“ zubereitet. Doch was bedeutet babygerecht? Hierunter kann man sowohl pürierte Nahrung als auch Fingerfood verstehen. Denn auch ohne Zähne können Babys schon dank ihrer Zahnleiste kauen. Ob man als erstes Nahrungsmittel Obst, Gemüse oder Getreide wählt, hängt stark vom kulturellen Background ab. In unseren Gegenden ist es üblich mit Gemüse, vorzugsweise Karotten und Pastinaken, anzufangen, in England reicht man als erste Mahlzeit einen Porridge. An diesem Beispiel sieht man wie unterschiedlich die Beikosteinführung gehandhabt wird. Als Grundregel gilt: die Eltern sollen ein Essen vorbereiten, das sie selbst schon kennen und saisonales, am besten regionales Gemüse /Obst verarbeiten.
Eltern sollen ganz klar ihrem Gefühl nach entscheiden, welche Form der Beikost in ihr Familienleben hineinpasst. Manche Eltern fühlen sich mit Brei sicherer, andere bevorzugen Fingerfood/Baby-led-weaning. Wichtig ist nur anzumerken, dass Verschluckungsgefahr bei BLW nicht grösser ist, solange runde, glatte Früchte und Gemüse, wie Cocktailtomaten und Weintrauben in zwei Hälften geschnitten werden. Außerdem wird bei Babys und Kleinkindern der Würgereflex noch sehr schnell ausgelöst, um ein problematisches Verschlucken zu verhindern. Daher ist es wichtig, Kinder niemals im Liegen, sondern immer im Sitzen zu füttern. Dies gilt auch für pürierte Nahrung.
Sobald zwei tägliche Mahlzeiten eingeführt worden sind, ist es auch wichtig dem Kind Wasser anzubieten.

Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme
Essen mit der nötigen Achtsamkeit der Eltern
Bitte schenken Sie Ihrem Kind die volle Aufmerksamkeit, wenn Sie es füttern. Dies ist vor allem am Anfang aus Sicherheitsgründen wichtig: so bemerken Sie jedes Verschlucken sofort und Ihre Reaktion ist auch imminent. Des Weiteren können Sie anhand der Reaktion von Ihrem Kind ablesen, ob es noch mehr Beikost will, ob es schneller oder langsamer gefüttert werden sollte, was ihm schmeckt und wann es genug hat. So wird viel Stress vermieden und Sie können Ihr Kind am besten begleiten. Irgendwann wird Ihr Kind Ihnen ganz klar zeigen, dass es selbst essen will, was Neues ausprobieren möchte oder doch gerade keinen Hunger hat. Bitte seien Sie nicht frustriert, wenn das Baby manche Lebensmittel nicht gleich essen möchte. Es braucht Zeit, um sich an den Geschmack zu gewöhnen. Dies ist auch aus evolutionärer Sicht sinnvoll: vorsichtig Neues ausprobieren, ein paar Tage abwarten, ob Vergiftungserscheinungen auftreten, erst dann ist man sicher was Bekömmliches zu essen. Dies ist auch ein Grund, weshalb Babys bittere Lebensmittel nicht so gerne mögen.

Tablets, Smartphones & Co bleiben draußen!
Essen ist ein Fest der Sinne! Und dies ist gerade am Anfang aufregend und neu für die Babys. Das Manipulieren des Essens, das Zerdrücken um die Konsistenz zu begreifen, das Riechen, Schmecken und Schlucken …. All dies ist wichtig für Ihr Kind. Bitte überfordern Sie es nicht mit weiteren, unnötigen Reizen. Ihr Kind sollte in einer ruhigen Atmosphäre essen können. Jede Art von zusätzlichen Reizen stört dieses Lernen und das Sättigungsgefühl. Wer kennt es nicht: während eines spannenden Films ist die Chipstüte leer gegessen, ohne dass man es gemerkt hat. Und ohne dass man ein Sättigungsgefühl verspürt hat. Auch essen während dem Spielen, z. B. auf einem Spielplatz kann das gleiche Problem zur Folge haben und auch zum Verschlucken führen, da die Kinder nicht auf das Essen konzentriert sind.

Ungeeignete Nahrungsmittel für alle Babys im ersten Lebensjahr:

Bei diesen Lebensmitteln geht es vor allem um Gefahr einer Lebensmittelvergiftung, da das Immunsystem der Babys noch nicht so weit ausgereift ist, beziehungsweise Erstickungsgefahr besteht. Diese Risikolebensmittel sind daher zu meiden.

  • Honig und Ahornsirup: mögliche Vergiftung durch Botulismus Toxine
  • Salz und Kochsalz: belastet die Nieren
  • Zucker und künstliche Süßstoffe: beeinflussen die Geschmackssinne des Babys und die akzeptable Menge ist bei Babys schnell überschritten
  • Quark: belastet die Nieren, da er sehr eiweißreich ist
  • Rohmilch: Salmonellengefahr
  • Rohe Eier: (auch nicht im Kartoffelpüree) Salmonellengefahr
  • Salat: kann vom Baby noch nicht gekaut werden
  • Hülsenfrüchte, Kohl, Zwiebeln, Knoblauch: können zu Blähungen führen
  • Frischkornbrei: ist zu schwer verdaulich
  • Ganze Nüsse: Erstickungsgefahr
  • Alkohol: giftig für Kinder
  • Sehr scharfe Gewürze: werden von Babys schlecht vertragen.

Anouk Wagner
Stillberaterin, Fachkraft für babygeleitete Beikost, Mitarbeiterin der Initiativ Liewensufank

Ein Artikel, der in der Elternzeitschrift „baby info“ veröffentlicht wurde (nr 1/2020)