Welchen Einfluss haben Babyschalen & co. auf die Entwicklung des Babys?

Beitrag einer Physiotherapeutin

Jedes Baby, das nach seiner Geburt beim Verlassen des Krankenhauses nach Hause gefahren wird, muss in einer Babyschale transportiert werden. Sie erlaubt dem Kind zwar hohe Sicherheit im Auto und gibt ihm einen guten Halt, doch gibt es auch Einwände, die gegen den, vor allem langen und häufigen, Einsatz der Babyschalen sprechen.
Nicht nur im Auto, sondern auch im alltäglichen Tagesablauf, ist es für die Eltern praktischer und gefühlt „sicherer“, wenn das Baby in eine aufrechtere Position gelegt oder gesetzt wird (meist befestigt mit Gurten), z.B. in Sitzhilfen oder Schaukeln – oder später auch gestellt wird, wie es bei Lauflernhilfen vorgesehen ist.
Da ein Baby grundsätzlich sehr neugierig ist, zeigt es natürlich Gefallen an einer aufrechten Position. Sie verschafft ihm einen besseren Überblick. Wird diese Haltung passiv und häufig herbeigeführt, so verliert das Baby die Motivation sich die aufrechte Position selbst zu erarbeiten. Wichtige, zur gesunden Entwicklung (des Körpers, der Motorik und des Gehirns) notwendige Entwicklungsschritte werden jedoch dadurch ausgelassen – hierzu zählen das Krabbeln, selbstständiges Hinsetzen und Hochziehen an stabilen Gegenständen (z.B. Möbel) zum eigenständigen Stehen, sowie späterem Gehen.
Das Problem bei dieser gut gemeinten Unterstützung ist, dass die Wirbelsäule eines Säuglings noch lange nicht stabil ist und die Muskeln nicht kräftig genug sind, um eine aufrechte Haltung beizubehalten. Ein Neugeborenes kann zu Beginn nicht einmal seinen Kopf selbst halten. Erst nach Tagen b.z.w. Wochen haben sich seine Muskeln so weit gestärkt, dass es den Kopf halten und in der Bauchlage anheben und drehen kann. Die Entwicklung verläuft von Oben nach Unten, also vom Kopf in Richtung Rumpf. Es lernt in dieser Reihenfolge, sich selbstständig aus der Bauchlage in die Rückenlage zu drehen und umgekehrt, dann fängt es an, sich auf seine Arme und Beine zu stemmen und hochzudrücken, und irgendwann beginnt es zu krabbeln. Der nächste Schritt geht von der Horizontalen in die Vertikale. Es setzt sich selbstständig auf, wird anfangen, sich an einem Stuhl, einem Schrank o.ä. hochzuziehen und wieder dauert es seine Zeit, bis es den Bewegungsablauf verinnerlicht, die Beine kontrolliert so zu bewegen, dass es vorwärtskommt. Vom passiven „Rumliegen“ bis hin zum aktiven, eigenständigen Laufen vergehen viele Monate und erfolgen viele Entwicklungsschritte.
Wenn Eltern einzelne Entwicklungsschritte übergehen, indem sie ihr Baby passiv (unter-)stützen, obwohl sein Körper dazu von alleine noch nicht in der Lage wäre, besteht ein erhöhtes Risiko, dass der Säugling mit Fehlhaltungen und -stellungen heranwächst – vor allem, wenn es häufig in einer Babyschale liegt. Krumme Beine, schiefer oder runder Rücken sowie Skoliose können sich daraus ergeben. Eine indirekte Folge kann ebenfalls die Einschränkung der Sehkraft sein, da das Kind seinen Blick häufig nach unten richtet, wenn es längere Zeit in eine erhöhte Position gebracht wird. Außerdem schränkt eine runde, krumme Position des Oberkörpers die Bewegung der Verdauungsorgane, der Lungen und des Zwerchfells (Atemmuskels) ein. Somit kann sogar die Atembewegung im Thorax und die Verdauung beeinträchtigt sein.

Für eine gesunde Entwicklung braucht das Baby, der Mensch, Bewegungsfreiheit und Raum. Dies begünstigt die Bewegung von Kopf, Wirbelsäule und Gliedmaßen, also das Heben des Kopfes, das Drehen des Halses, die Bewegung des Rumpfes in alle Richtungen und die Beweglichkeit der Arme und Beine. Auch das Gehirn braucht die Bewegung des Kopfes, um wichtige Verbindungen herzustellen.

Wie kann man eine Fehlentwicklung verhindern?

  • Eine Babyschale sollte nur zum sicheren Transport im Auto genutzt werden. Sie sollte nicht auf ein Gestell installiert werden und ist kein Ersatz für einen Kinderwagen.
    Der Rat vom Physiotherapeuten lautet: „Nehmen Sie Ihr Kind aus der Babyschale heraus, sobald Sie angekommen sind, und nehmen Sie es entweder in eine ergonomische Tragehilfe/Tragetuch, oder legen/setzen Sie es in einen Kinderwagen, je nach Alter und Entwicklung des Babys.“
  • BAUCHZEIT ist elementar, sowohl für die Entwicklung der Form und Beweglichkeit der Wirbelsäule (S-Kurve), als auch für die Rücken- und Nackenmuskulatur. Die S-Kurve der Wirbelsäule ist wichtig, um gut krabbeln und laufen zu können und um eine gerade, offene Haltung zu fördern.
  • Verwenden Sie keine Hilfsmittel, die das Baby in seiner Haltung und Bewegung begrenzen oder einsperren.
    Hier rät der Physiotherapeut: „Legen Sie es auf eine Decke oder Spielmatte auf dem Boden“.

Eine Babyschale sollte die absolute Ausnahme im alltäglichen Leben sein!

Sarah Herrmann, Physiotherapeutin
BONneHEURe Cabinet de Kinésithérapie, Ostéopatie, Ergothérapie